Abschluss eines neuen GAV für die Uhren- und Mikrotechnikindustrie - Convention patronale
 

«Einen modernen Text, der aus einem ausgewogenen Kompromiss zwischen sozialen Fortschritten und der Bewahrung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen beruht.»

Abschluss eines neuen GAV für die Uhren- und Mikrotechnikindustrie

Die Vertreterinnen und Vertreter der Gewerkschaft Unia und des Arbeitgeberverbands der Schweizer Uhrenindustrie (CP) haben heute in Neuchâtel ihren neuen Gesamtarbeitsvertrag (GAV) unterzeichnet. Der neue GAV, der zwischen März 2023 und Februar 2024 ausgehandelt wurde, tritt am 1. Juli 2024 in Kraft und betrifft fast 55'000 Mitarbeitende und über 500 Unternehmen. Gewerkschaft und Arbeitgeber haben einen modernen Text vorgelegt, der aus einem ausgewogenen Kompromiss zwischen sozialen Fortschritten und der Bewahrung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen beruht.

Die Verantwortlichen der Arbeitgeber und der Gewerkschaft, die im Hotel DuPeyrou in Neuenburg zusammentrafen, wo vor 87 Jahren der erste GAV für die Uhrenindustrie unterzeichnet wurde, setzten heute ihre Unterschrift unter den 16. Gesamtarbeitsvertrag ihrer gemeinsamen Geschichte. Nachdem der geltende GAV mitten in der Pandemie um zweieinhalb Jahre verlängert worden war, konnten die Vorbereitungsarbeiten im Herbst 2022 erneut aufgenommen und die Verhandlungen sechs Monate später lanciert werden. Die Verhandlungen erforderten 10 Plenarsitzungen und dauerten fast ein Jahr. Insgesamt wurden 28 Forderungen diskutiert und bei 15 wurde eine Einigung erzielt.

Philippe Bauer, Präsident des Arbeitgeberbands CP, freut sich über das Ergebnis: «Es ist uns gelungen, die Interessen der Unternehmen – vom Grosskonzern bis hin zum kleinen KMU – mit­einander in Einklang zu bringen […] und die Arbeitsbedingungen aller Beschäftigten in der Uhren­industrie angemessen zu verbessern und sie zu unterstützen – auch mit dem Ziel, die Attraktivität der Uhrenindustrie zu bewahren.»

Er betont auch das faire Verhandlungsklima: «Wir hatten zwar Meinungsverschiedenheiten und es gab schwierige Sitzungen, die wir manchmal zufrieden, hin und wieder verärgert oder gar ein wenig desillusioniert verliessen. Aber wir hatten nie das Gefühl, dass unsere Partner uns nicht mehr zuhörten oder gar, dass sich jemand wie ein Rufer in der Wüste fühlen musste.» Die Fähigkeit beider Seiten, einander zuzuhören, war zweifellos mit ein Grund für den Erfolg der Verhandlungen.

Auch die Gewerkschaft Unia zeigt sich zufrieden. Wie Yves Defferrard, Leiter des Sektors Industrie, hervorhebt: «Die Unia-Delegation hat das Verhandlungsergebnis vor den rund hundert Delegierten der Branchenkonferenz vom 6. März präsentiert, die diese einstimmig genehmigt haben. Dies zeigt, welchen Rückhalt dieser GAV in der Gewerkschaft geniesst», und fügte hinzu: «Es bleiben jedoch wichtige Fragen offen, die in den kommenden Jahren ein starkes Engagement der Gewerkschaft erfordern.»

Der neue GAV, der nun unter Dach und Fach gebracht wurde, gilt für fünfeinhalb Jahre und sichert bis am 31. Dezember 2029 den absoluten Arbeitsfrieden in der Branche.

Neben Philippe Bauer und Yves Defferrard wurde der neue GAV auch von Vania Alleva, Präsidentin der Unia, und Raphaël Thiémard, Leiter Uhren- und Mikrotechnik der Unia, sowie von Ludovic Voillat, Generalsekretär des Arbeitgeberverbands CP, unterzeichnet.

Der GAV der Schweizerischen Uhren- und Mikrotechnikindustrie in Kürze

Der Gesamtarbeitsvertrag regelt die Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeit­nehmern.

Der Arbeitgeberverband CP und die Gewerkschaft der Branche verhandeln in der Regel auf der Grundlage von Forderungskatalogen alle fünf Jahre über eine Erneuerung des GAV.

Fast 85 % der Arbeitskräfte der Uhrenindustrie sind in Unternehmen beschäftigt, die dem GAV unter­stellt sind. Diese stellen mehr als 75 % der Uhren- und mikrotechnischen Industrie in der Schweiz dar.

Rückblick
 InkrafttretenInsgesamte Dauer
1.15. Mai   19379 Jahre und 5 Monate
2.1. März 19386 Jahre und 8 Monate
3.11. November 194313 Jahre und 11 Monate
4.1. Oktober 19578 Jahre
5.1. Oktober 19655 Jahre
6.1. Oktober 19707 Jahre
7.1. Oktober 19773 Jahre und 2 Monate
8.6. Dezember 19805 Jahre und 6 Monate
9.1. Juni 19865 Jahre und 4 Monate
10.1. Oktober 19915 Jahre und 3 Monate
11.1. Januar 19975 Jahre
12.1. Januar 20025 Jahre
13.1. Januar 20075 Jahre
14.1. Januar 20125 Jahre
15.1. Januar 20177 Jahre und 6 Monate

Überblick über die Anderungen

Die aus jeweils rund 20 Personen bestehenden vollständigen Delegationen des Arbeitgeberver­bands CP und der Unia trafen sich zwischen März 2023 und Februar 2024 zehnmal. Die Plenarverhandlungen zur Erneuerung dieses grundlegenden Textes der Sozialpartnerschaft in der Uhren- und Mikrotechnikindustrie dauerten somit rund 80 Stunden.

Die Delegationen diskutierten über 28 Forderungen (22 der Gewerkschaften und 6 der Arbeit­geber). Auf beiden Seiten wurde auf einige Forderungen nicht eingetreten, während andere zu Änderungen des Vertragstextes führten.

Wichtigste Änderungen aufgrund der Forderungen der Arbeitgeber

Änderung der Dauer des Kündigungsschutzes bei Krankheit oder Unfall

Die im GAV vorgesehene zeitliche Kündigungsfrist bei Krankheit oder Unfall ist länger als im Obligationenrecht (OR) festgelegt. Der Arbeitgeberverband CP bestreitet diesen über die Norm hinausgehenden Schutz für die Arbeitnehmenden nicht, stellte aber fest, dass er insbesondere bei Entlassungen zu Missbräuchen führte. Er erreichte deshalb, dass die Schutzfrist, wenn eine Krankheit nach der Kündigung eintritt, vom 2. bis 5. Dienstjahr von 112 auf 90 Tage und ab dem 10. Dienstjahr und für Personen unter 55 Jahren von 720 auf 360 Tage reduziert wird.

Ergänzung zum Krisenartikel

Die Covid-Krise hat die Unternehmen der Branche sowohl in wirtschaftlicher als auch in organisatorischer Hinsicht in eine äusserst schwierige Situation gebracht. Auch andere Bedrohungen zeichnen sich ab. Für den Fall einer erneuten Krise wurden daher die drei folgenden neuen Grundsätze in den GAV aufgenommen, mit dem Ziel, sich auf eine solche Situation vorzubereiten, Arbeitsplätze möglichst zu erhalten und eine allfällige wirtschaft­liche Erholung nicht zu behindern, sobald diese eingesetzt hat:

  • Die Abweichung vom GAV kann sich auf andere als finanzielle Verpflichtungen beziehen.
  • Der Arbeitgeberverband CP kann eine Abweichung im Namen der Branche oder einer Gruppe von Unternehmen einer Branche oder einer Region beantragen.
  • Es wird eine Frist festgelegt, innerhalb derer die Parteien auf einen Antrag ant­worten müssen.
Anzahl Ferientage am Jahresende

Die von den Unternehmen gewählte Ferienregelung für die Sommermonate wird zuneh­mend variabler: Betriebsferien oder keine Schliessung. Letztere Option wird immer verbreiteter, während zugleich fast alle Unternehmen eine ein- oder zweiwöchige Brücke zum Jahres­ende einplanen. Unternehmen, die im Sommer keine oder nur eine Woche Betriebsferien machen, können deshalb von ihren Mitarbeitenden neu den Bezug von fünf statt wie bisher drei Ferientagen während der Jahresendbrücke verlangen.

Weitere Punkte

Weitere Änderungen, die vom Arbeitgeberverband gefordert und erreicht wurden:

  • namentliche Einladungen zu gewerkschaftlichen Aktivitäten
  • eine Laufzeit des GAVs von fünfeinhalb Jahren
  • die Möglichkeit für Unternehmen, den 13. Monatslohn entweder einmalig im Dezember oder in zwei Raten im Juni und Dezember auszuzahlen

Wichtigste Änderungen aufgrund der Forderungen der Gewerkschaft Unia

Geburtsurlaub

Um eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu ermöglichen, wurden der Mutterschafts- und der Vaterschaftsurlaub verbessert.

Der Mutterschaftsurlaub wird für Frauen, die nach der Mutterschaft wieder erwerbstätig werden, auf 19 Wochen bei vollem Lohn und für Frauen, die nicht wieder erwerbstätig werden wollen, auf 17 Wochen bei vollem Lohn verlängert (statt der gesetzlich vorgesehenen 14 Wochen bei 80 % Lohn).

Der Vaterschaftsurlaub, der neu als «Geburtsurlaub für den anderen Elternteil» bezeich­net wird, beträgt künftig drei Wochen. Die Abstufung zwischen der Geburt des ersten und der folgenden Kinder wird abgeschafft und die 15 Tage können innerhalb von 6 Monaten nach dem Tag der Geburt verteilt bezogen werden.

Gewerkschaftliche Tätigkeiten

Die Gewerkschaftsvertreter erhalten künftig einen zweiten Entlastungstag für ihre gewerk­schaftliche Tätigkeit.

Zudem wird ein einfaches Konzertierungsverfahren eingeführt, das jeder Entscheidung zur Entlassung eines Gewerkschaftsvertreters vorausgeht. Die damit verbundenen Diskus­sionen werden insbesondere genutzt, um Standpunkte auszutauschen, eine mögliche Alternative zu der geplanten Massnahme zu finden oder auch der Gefahr einer Eskalation vorzubeugen.

Ältere Arbeitnehmende

Da es ein wichtiges Anliegen der Arbeitgeber ist, Arbeitsplätze für über 55-jährige Arbeit­nehmende zu erhalten, müssen sie vor der Entlassung eines Arbeitnehmers, der über 55 Jahre alt ist und mindestens zehn Jahre im Unternehmen beschäftigt war, zusammen mit diesem prüfen, ob eine interne Versetzung oder andere Massnahmen möglich sind.

Eine weitere Änderung betrifft die AHV-Überbrückungsrente für Arbeitnehmende, die ein Jahr vor Erreichen des Referenzalters jegliche entlöhnte berufliche Aktivität aufgeben wollen. Unter Berücksichtigung der Beschwerlichkeit gewisser Berufe in der Uhren- und Mikrotechnikbranche und mit dem Ziel, den Zugang zu dieser Option zu wahren, wird die AHV-Überbrückungsrente von Fr. 24'000.– auf Fr. 30'000.– für ein Jahr erhöht.

Temporärarbeit

Analog zur Praxis bei den befristeten Arbeitsverträgen werden temporäre Einsätze auf 24 Monate innerhalb einer Rahmenfrist von 30 Monaten begrenzt. Unternehmen, die danach weiterhin mit dem betroffenen Arbeitnehmer zusammenarbeiten wollen, bieten diesem einen unbefristeten Arbeitsvertrag an.

Die Paritätische Kommission «Temporärarbeit» wird ebenfalls wieder ins Leben gerufen, um sich über Spezialfälle, die durch solche Arbeitsverträge verursacht werden, aus­tauschen zu können.

Lohngleichheit

Ein bestehender Artikel wurde neu formuliert, um alle Unternehmen dazu zu bewegen, die Mittel zur Beseitigung von Lohnunterschieden zwischen Männern und Frauen zu nutzen.

Zudem wurde ein neuer Artikel eingeführt, der – wie dies gesetzlich vorgesehen ist – Vertragsklauseln für nichtig erklärt, die eine Offenlegung des Grundlohns verbieten.

Arbeitgeberbeitrag an die Krankenpflegeversicherung

Um das Familienbudget zu entlasten und die stetig steigenden Krankenkassenprämien zu kompensieren, wird der Arbeitgeberbeitrag an die Behandlungskosten ab dem 1. Januar 2025 von Fr. 175.– auf Fr. 195.– pro Monat erhöht.

Teilzeitarbeit

Im Bewusstsein, dass das Interesse an Teilzeitstellen insbesondere bei den neuen Generationen zunimmt, werden die Unternehmen den Antrag von Arbeitnehmenden, die ihre Arbeitszeit reduzieren möchten, unter Berücksichtigung der Bedürfnisse des Unternehmens, der aus­geübten Funktion und der persönlichen Situation der jeweils betroffenen Arbeitnehmenden sorgfältig prüfen.

Mindestlöhne

Die Mindestlöhne wurden per 1. Januar 2024 in allen Regionen um 1,6 % erhöht (vorgängig ausgehandelte Vereinbarungen sind vorbehalten). Diese Erhöhung entspricht der in der Branche ausgehandelten Teuerungszulage 2024.

Weitere Punkte

  • Der Vertragsartikel über den Urlaub für die Pflege von Angehörigen wird grund­legend überarbeitet, um ihn mit dem Obligationenrecht in Einklang zu bringen (Art. 329h OR).
  • Die Unia wird sich an den Arbeiten der Arbeitsgruppe «Psychosoziale Risiken» des Arbeitgeberverbands CP beteiligen.

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